Analyse des Implementationsprozess praktischer DNA-Untersuchungen in den Biologieunterricht: Gelingensbedingungen und Barrieren
- Förderung: TUM Eigenmittel
- Laufzeit: März 2020 - Februar 2025
- Mitarbeiter/-innen: Sara Großbruchhaus



Die Biotechnologie entwickelt sich rasant weiter und ist gesellschaftlich hoch relevant – was sich zuletzt in der COVID-19-Pandemie zeigte. Lehrkräfte stehen vor der Herausforderung sich laufend über fachliche sowie technische Innovationen zu informieren. Biotechnologische Methoden sind in deutschen Lehrplänen verankert; allerdings scheitert deren praktische Umsetzung oft an diversen Hürden. Lehrkräftefortbildungen können diese, durch das nötige Fachwissen sowie Ressourcenbereitstellung überbrücken. Aus der Literatur sind individuelle und systemische Faktoren bekannt, die auf die Wirksamkeit von Fortbildungen wirken. Dabei ist weitestgehend unbekannt, in wie weit diese in Bezug auf die tatsächliche Einbindung konkreter Fortbildungsinhalte in den Unterricht zusammenwirken oder sich gegenseitig beeinflussen.
Im Fokus dieser Studie steht die Implementation von biotechnologischen Untersuchungen in die Schulpraxis. Ziel der Studie ist die Ermittlung von Begründungsmustern, und Handlungsschritten, die Lehrkräfte im Rahmen solcher Implementationen aufführen. Die Studie basiert auf einer evaluierten Fortbildung, die das benötigte Equipment für die praktische Durchführung kostenfrei zur Verfügung stellt.
Es wurden N = 39 Lehrkräfte interviewt, von diesen haben n = 20 die Inhalte der Fortbildung implementiert. Die Analyse folgte in mehreren Schritten: individuelle Fallzusammenfassung (1), deduktive Kodie-rung anhand literaturbasierten Kategoriensystem (2), induktive Erweiterung (3), Dokumentenana-lyse (4), typisierende Strukturierung nach Mayring (5). Die Inter-Koder Genauigkeit entspricht κ = 0.89 (anhand 30 % des Materials).
Für diese Stichprobe zeigte sich drei wesentliche Erkenntnisse:
Erstens, die Wahrnehmung und Priorisierung der Einflussfaktoren durch die Lehrkräfte ist entscheidend für eine Implementation. Hierbei scheinen sich einige Einflussfaktoren gegenseitig aufzuheben, bspw. wird priorisieren Implementiererinnen ihren persönlichen Stress weniger, als den Mehrwert der Praxiseinheit für die Schülerinnen. Außerdem zeigen sie eine höhere Toleranz für eigene Fehler und gestatten sich selbst Übung mit Schülerinnen.
Zweitens gibt es bei der Planung der Implementation zwei Bottlenecks, die sich gegenseitig bedingen: Schülerinnen-Kohorte und Kooperationsstrukturen. Entscheidend ist die Beurteilung, ob die Praxiseinheit für alle Schüler-innen relevant ist. Außerdem spielt die Wahrnehmung von Kooperation als Unterstützungssystem eine Rolle. Beides wird im Anschluss an eine Implementation durch die Lehrkräfte erneut evaluiert, wodurch es zu Anpassungen in der Implementationsstrategie kommen kann: Diese erfolgt entweder im Regelunterricht, als Blockunterricht oder als Tagesevent.
Drittens integrierte eine Fachschaft die praktischen DNA-Analysen in das Schulcurriculum. Dies erfolgte durch eine jährliche Implementation mit anschließender Evaluation und Strategieanpassungen. Dabei werden Ansätze des design based research deutlich.
Im Sinne der Forschungstradition werden Einflussfaktoren stark abstrahiert, um ihre Übertragbarkeit auf andere Kontexte prüfbar zu machen. Allerdings zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass Begründungsmuster basierend auf abstrahierten Einflussfaktoren aufgrund der persönlichen Wahrnehmung zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen führen können. Die persönliche Wahrnehmung von Lehrkräften spielt nicht nur in Bezug auf die Fortbildung, sondern darüber hinaus auf andere Systemmerkmale, bspw. Lehrplan, eine fundamentale Rolle bei der Implementation. Des Weiteren zeigen diese Daten, dass die postulierten Wirkungsebenen von Fortbildungen nicht hierarchisch sind, sondern sich wechselseitig beeinflussen. Die Integration der praktischen DNA-Analysen in ein Schulcurriculum ist dabei besonders bedeutungsvoll, da einma-ligen Fortbildungsveranstaltungen eine geringere Wirksamkeit zugesprochen wird. Entsprechend könnten zukünftige Studien einen größeren Fokus auf die Wahrnehmung und Priorisierung von Einflussfaktoren durch Lehrkräfte legen.
Publikationen
Großbruchhaus, S. (2025). Analyse des Implementationsprozesses praktischer DNA-Untersuchungen in den Biologieunterricht: Gelingensbedingungen und Barrieren (Doctoral dissertation, Technische Universität München). Link
Großbruchhaus, S., Schöppner, P., & Nerdel, C. (2024). Implementation einer biotechnologischen Lehrkräftefortbildung in den Unterricht – Welche Einflussfaktoren unterstützen Lehrkräfte bei der Entscheidung? In: Schaal, S., Lude, A., Krell, M., Kremer, K. (Hrsg.), Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik 11 (S. 55-72). Studienverlag. Link
Großbruchhaus, S., Schöppner, P., Nerdel, C. (2024). Implementation Processes: Sustainable Integration of Biotechnology Experiments into Schools. In: Korfiatis, K., Grace, M., Hammann, M. (Hrsg.) Shaping the Future of Biological Education Research . Contributions from Biology Education Research. Springer, Cham. Link
Schöppner, P., Großbruchhaus, S., & Nerdel, C. (2023). Biotechnologie praxisorientiert unterrichten: aktuelle Kontexte für Schule und Lehrerfortbildung (p. 269). Springer Nature. Link