Der Einfluss von Gestaltungsmerkmalen eines Lernprogramms auf motivationale Variablen unter Berücksichtigung eines bei Lernenden potentiell unbeliebten Themas

Projektbeschreibung

Ziele der Studie:

Aus pädagogisch- psychologischer Sicht ist es besonders wichtig, Interesse und Motivation bei Themen zu untersuchen, die von vornherein bei vielen Lernenden negativ besetzt sind. Einblicke, die man dabei erhält, können helfen, Ansatzpunkte zu finden, wie speziell in solchen Fällen Motivation und Interesse gefördert werden können. Dieses Problem wird an einer Gruppe von Lehramtsstudierenden untersucht, die mit einem Computerlernprogramm ein statistisches Thema erlernen soll. Computerbasiertes Lernen ist eine Lernform, die nicht nur besonders gut geeignet ist, Motivation und Interesse während des Lernprozesses zeitnah und detailliert untersuchen zu können, sondern bietet darüber hinaus die Möglichkeit, inwieweit durch didaktische Gestaltungsmerkmale dieser Lernform die Motivation und das Interesse der Lernenden unterstützt werden kann.


Hintergrund:

Die motivationalen Variablen, die in dieser Studie untersucht werden, sind die selbstbestimmte Motivation und das situationale Interesse.
Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (1985, 1993) unterscheidet verschiedene Arten von Motivation in Abhängigkeit des Ausmaßes der Selbstbestimmtheit. Die intrinsische Motivation ist per Definition selbstbestimmt. Die Handlungsverursachung und –steuerung wird von der Person als intern wahrgenommen. Bei der extrinsisch motivierten Handlung findet man die Auslöser außerhalb der Handlung, sie ist somit instrumentell und die wahrgenommene Selbstbestimmtheit ist niedriger, wobei vier verschiedene Stufen der extrinsischen Motivation hinsichtlich des Ausmaßes an wahrgenommener Selbstbestimmtheit unterschieden werden. Diese repräsentieren eine Zunahme der wahrgenommenen Handlungsverursachung und Selbstbestimmtheit (durch Internalisierungs- und Integrationsprozesse). Auf der höchsten Stufe dieses Prozesses entspricht die extrinsische Motivation in Bezug auf die Selbstbestimmtheit der intrinsischen Motivation (Ryan & Deci, 2000). Aufgrund der vorher beschriebenen Problemstellung der Studie (Erlernen von potentiell unmotivierenden und uninteressanten Inhalten) beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit Stufen der selbstbestimmten Motivation, da man bei der vorliegenden Lernsituation davon ausgehen muss, dass sich die Motivation einer Mehrheit der Versuchspersonen durch ein relativ geringes Maß an wahrgenommener Selbstbestimmtheit auszeichnet.
Bezogen auf die Entwicklung der selbstbestimmten Motivation nehmen die Autoren weiterhin an, dass die Erfüllung dreier grundlegender psychologischer Bedürfnisse (basic needs) diesen Prozess unterstützen kann. Dabei handelt es ich um 1. das Bedürfnis nach Autonomie 2. das Bedürfnis nach Kompetenz und 3. das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit (Ryan & Deci, 2000). Diese Basic Needs werden in der vorliegenden Studie gesondert erhoben und in den Analysen mit den anderen (motivationalen und Treatment-) Variablen in Verbindung gesetzt.
Das situationale Interesse entsteht in konkreten Lernsituationen und wird durch Merkmale der Lernsituation hervorgerufen (Krapp, 2000; Hidi, 2000). Im Gegensatz zum individuellen Interesse bezieht sich der Begriff situationales Interesse auf einen speziellen motivationalen Zustand, der das Resultat einer Wechselwirkung zwischen Person- und Situationsfaktoren sein kann (Krapp, 1993, 1998). In diesem Kontext ist es aufschlussreich herauszufinden, inwieweit spezielle Merkmale der Lernsituation dazu dienen können, ein situationsabhängiges Interesse hervorzurufen. Mitchell (1993) vermutet, dass die Zuschreibung einer persönlichen Bedeutung in Bezug auf den Lerninhalt von großer Wichtigkeit  für diesen Prozess ist, was vermutlich eng mit dem Konzept von persönlichen (Lern-) Zielen zusammenhängt.


Ziele:

Ziel der vorliegenden Studie ist es, zu untersuchen, wie die besprochenen motivationalen Variablen durch zwei Gestaltungsmerkmale eines Lernprogramms beeinflusst werden können: Ziele und Feedback.
Bisherige Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass motivationale Prozesse beim Lernen stark durch die Ziele der Lernenden beeinflusst werden können. Deshalb werden in dieser Studie zwei Arten von (Lern-) Zielinstruktionen untersucht: 1) eigen formulierte Ziele (Locke & Latham, 1990, Bandura, 1986) und 2) intrinsisch (vor-) formulierte Ziele (Vansteenkiste et al., 2004).
Feedback ist ein didaktisches Mittel der Lernumgebungsgestaltung und ist in Bezug auf den Lernerfolg ein wichtiges Merkmal einer Lernumgebung (für einen Überblick, siehe Musch, 2000). Bezogen auf das emotionale Erleben (Basic Needs) nach Deci und Ryan (2000), wissen wir aus Studien, dass sowohl positive als auch negative Rückmeldungen das Kompetenz- und Autonomieerleben untergraben  können (Deci & Ryan, 1993). Rückmeldungen allerdings, die eine informierende Funktion erfüllen (= informatives Feedback), unterstützen das Kompetenz- und Autonomieerleben, unabhängig davon, ob das Leistungsergebnis gut oder schlecht ist (Cordova & Lepper, 1996; Deci, Ryan & Williams, 1996).


Aufbau und Methode der Studie:

Der Aufbau der Studie ist ein 2 (Feedback vs. kein Feedback) * 3 (Keine Ziele vs. offene Ziele vs. intrinsische Ziele) (quasi-) experimentelles Design, das an der Universität Aachen (RWTH) mit 242 Lehramtstudierenden durchgeführt wurde. Zu Beginn der Programmbearbeitung erscheint das Ziele- Treatment. Je nach zugeordneter Bedingung lesen die Versuchspersonen eine intrinsisch motivierend vorformulierte Zielsetzung, formulieren selber Ziele, oder beginnen sofort mit der Programmbearbeitung. Das Programm selber besteht aus drei inhaltlichen Sequenzen. Jede Sequenz beginnt mit einer theoretischen Einleitung und einer entsprechenden Aufgabenstellung, darauf folgt das Formulieren eines möglichen Lösungsweges, eine anschließende Darstellung des richtigen Lösungsweges und schließlich ein kurzer Verständnistest. Im Anschluss an den Test findet jeweils das Treatment "Feedback", bzw. "kein Feedback" statt. Der Aufbau und Ablauf des Programms ist in Abbildung 1 dargestellt.

Letzte Aktualisierung (Monday, 3. September 2007)