Wissenschaftsvermittlung im Museum: Der Einfluss motivationaler und kognitiver Besuchermerkmale auf die Wirkung eines Ausstellungsobjekts zum Thema (Molekül-)Modelle
Das Projekt wurde bearbeitet von Nadine Herrmann.
Hintergrund
In Zeiten eines raschen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts wird es für den Laien zunehmend schwieriger neue Erkenntnisse sowie deren Bedeutung und Folgen zu verstehen. Sowohl der formelle Bildungsbereich, als auch informelle Bildungseinrichtungen wie Museen, sind aufgefordert hierfür die nötigen Grundlagen zu schaffen und die Bevölkerung (Schüler/Besucher) zu unterstützen.
Neben Basiswissen aus den Naturwissenschaften, soll auch ein Verständnis für und über Wissenschaft (Public Understanding of Science and Research) gefördert werden.
Untersuchungsobjekt
Der „Nano-Kosmos“ ist das Thema des „Zentrum Neue Technologien“ (ZNT), einer Abteilung des Deutschen Museums, die 2009 eröffnet wird. Es handelt sich hierbei um Forschungsgegenstände im molekularen Bereich, die nicht unmittelbar sichtbar und ausstellbar sind, weshalb u.a. auf Visualisierungen oder Modelle zurückgegriffen werden muss.
Das konkrete Untersuchungsobjekt dieser Studie ist eine für das ZNT konzipierte, prototypisch realisierte Ausstellungseinheit, die sich den Themen Modelle und Moleküle widmet und die insbesondere für Modelldarstellungen sensibilisieren will, z.B. für ihre Vorläufigkeit, ihre Konstruiertheit und Zweckmäßigkeit sowie für ihren Erstellungsprozess.
Theoretischer Hintergrund
Museen bieten ihren Besuchern Lerngelegenheiten an, ermöglichen aber auch andere z.B. soziale Erfahrungen. Neben einem möglichen Zuwachs an Kenntnissen („hard outcomes“), haben Museumsbesuche Auswirkungen auf Einstellungen, Gefühle, Interessen und Überzeugungen („soft outcomes“). Dementsprechend sind Definitionen zum „Lernen im Museum“ wie die vom Learning Impact Research Project (Hooper-Greenhill et al., 2003) weiter gefasst und beinhalten auch affektive, einstellungsrelevante und motivationale Elemente.
Der Lernort Museum ist gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Wahlmöglichkeiten („free-choice learning“), weshalb je nach Motivation und Anknüpfungspunkten das Lernen individuell verschieden verläuft. Neben den persönlichen Ausgangsbedingungen der Besucher, sind der soziokulturelle Kontext des Besuchs und der gegenständliche Rahmen, v.a. die Ausstellungsmerkmale von Bedeutung (Rennie & McClafferty 1996; Falk & Dierking 2000).
Die persönlichen Ausgangsbedingungen der Besucher lassen sich grob in motivational-affektive und kognitive Aspekte gliedern.
Bei ersteren ist das thematische individuelle Interesse (Krapp 2002), als ein relativ dauerhaftes Merkmal einer Person, für die Wahl von Informationsangeboten sowie für deren Wirkung von Belang. Situationsbezogene Variablen, wie das situationale Interesse (Lewalter & Geyer, in Vorb.; Hidi & Renninger 2006) oder das aktuelle Erleben von Kompetenz und Autonomie im Sinne der Basic Needs (Deci & Ryan 2002) können sowohl als Ergebnis der Nutzung, wie auch als Einflussvariablen auf die kognitive Wirkung einer Ausstellungseinheit gesehen werden.
Die kognitiven Ausgangsbedingungen, also die bei den Lernenden vorhandenen (grundlegenden) Kenntnisse und Vorstellungen beeinflussen die Selektion einer Ausstellungseinheit und insbesondere den dort stattfindenden Wissenserwerb (Falk & Adelman 2003, Bromme 2008). Für das zu untersuchende Ausstellungsobjekt sind Vorkenntnisse im molekularen Bereich und insbesondere das Modellverständnis der Besucher wichtig. Befunde aus der Unterrichtsforschung weisen auf das problematische Verständnis von (chemischen) Modellen bei Schülern und Lehrkräften hin (Treagust et al. 2001, Leisner 2005). Daher kann vermutet werden, dass auch beim Museumspublikum Fehlvorstellungen vorliegen können.
Ausgewählte Fragestellungen
- Welche Vorstellungen und welches Vorwissens haben die Besucher zu Molekülen und Modellen?
- Welches thematische Interesse und welche Ausgangsmotivation haben die Besucher?
- Welchen Einfluss haben kognitive und motivationale Besuchermerkmale auf die motivational-affektiven Prozesse während der Nutzung der Ausstellungseinheit und auf die Veränderung der Vorstellungen und Kenntnisse?
- Welchen Einfluss hat das motivational-affektive Erleben während der Nutzung der Ausstellungseinheit auf die Wissensveränderung?
Design
Die Studie wird als Fragebogenstudie am Standort der Ausstellungseinheit in der Abteilung „Wissenschaftliche Chemie“ des Deutschen Museums mit Besuchern dieser Abteilung durchgeführt. Zum einen werden Cued Visitors befragt, d.h. es werden Besucher vor der Nutzung der Ausstellungseinheit für eine Pre-Post-Studie rekrutiert. Zum anderen werden Non-Cued Visitors nach ihrer Beschäftigung mit der Ausstellungseinheit gebeten einen Fragebogen auszufüllen. Zusätzlich wird der Nutzungsverlauf mit Logfiles aufgezeichnet und ausgewertet.