Praxistipps
Mehr Elternbeteiligung an der eigenen Schule
Elternbeteiligung wirkt sich positiv auf den schulischen Erfolg von Schüler*innen aus. Das haben wir in unserer Forschungssynthese zur Elternbeteiligung im schulischen Kontext zeigen können. Wie können Lehrkräfte und Schulleitungen ideale Bedingungen für Elternbeteiligung schaffen? Wir haben Punkte zusammengestellt, die Sie konkret anstoßen können.
- Bewusstsein der Eltern schärfen, dass ihre Beteiligung den Schulerfolg ihrer Kinder fördert
- Lehrkräfte im Umgang mit Eltern mit unterschiedlichen sozioökonomischen und kulturellen Hintergründen schulen und so etwaige sprachliche Hürden und Vorurteile überwinden
- Beratung und Kurse für Eltern zu sinnvoller Unterstützung in Sachen Hausaufgaben und Lernstrategien anbieten
- Eltern unterstützen, ambitionierte und zugleich erreichbare Bildungserwartungen gegenüber ihren Kindern zu entwickeln und über mögliche Bildungsziele und Berufswege aufklären
- Eltern zu Mitarbeit in Entscheidungsgremien ansprechen und Gelegenheiten für Beteiligung an Schulveranstaltungen trotz Sprachbarrieren schaffen
Fünf Erfolgsfaktoren für Ihre Schule
In unseren Veranstaltungen für die schulische Praxis erarbeiten wir regelmäßig gemeinsam mit Lehrkräften Strategien und praktische Umsetzungsmöglichkeiten zu unseren Forschungserkenntnissen. Hier haben wir einige Anregungen für SIe zusammengestellt.
Für Lehrkräfte und Schulen kann es sich auszahlen, sich an fünf Leitpunkten zu orientieren, die zur Förderung von Elternbeteiligung beitragen und sich durch verschiedene konkrete Maßnahmen errichen lassen.
Nicht auf Anlässe warten | Ganz grundsätzlich gilt: Kommunikationsstrukturen lassen sich anlassunabhängig etablieren. Etablieren Sie regelmäßige Elternabende, um mit den Eltern im Austausch zu bleiben. |
Erstkontakt nutzen | Bereits beim ersten Kontakt mit der Elternschaft können Sie punkten! Der Schuljahresbeginn eignet sich, um sich selbst vorzustellen (etwa in einem Elternbrief) und einander kennenzulernen (beispielsweise bei einem ersten Elternabend). Tipps zum Schuljahresbeginn:
|
Verschiedene (formelle) Kanäle verwenden | Je mehr Kommunikationswege Sie nutzen, desto mehr Eltern können Sie erreichen. Wechseln Sie zwischen regelmäßigen schriftlichen Elternbenachrichtigungen, Klassenelternabenden mit allen Eltern sowie Einzelgesprächen ab, in denen Sie Fragen direkt und persönlich besprechen können. Sogenannte World-Cafés sind eine gute Möglichkeit des formellen Austauschs. Hierbei werden in einem Raum mehrere Tische aufgebaut. An jedem Tisch diskutiert ein*e feste*r Diskussionsleiter*in zu einem Thema oder einer Problemstellung. Die Teilnehmenden verteilen sich auf die Tische und diskutieren. Am Ende einer Diskussionsrunde notieren sie ihre Ergebnisse auf einem Poster. Nun wird gewechselt und jede*r sucht sich einen neuen Tisch. Tipps für formelle Kommunikationswege:
|
Alternative (informelle) Wege finden | Möglicherweise scheuen sich manche Eltern vor der Kontaktaufnahme mit der Lehrkraft. Erreichen Sie Eltern auf den etablierten Wegen nicht, könnten neue, informelle Kommunikationsformen (wie etwa anlassbezogene oder spontane Telefonanrufe sowie Kurznachrichten in der Elterngruppe) helfen. Probieren Sie aus, was am besten funktioniert! Tipps für informelle Kommunikationswege:
|
Zeitplan transparent machen | Egal für welche Kommunikationswege Sie sich entscheiden, wichtig ist, dass es Zeitpunkte gibt, zu denen Eltern mit Informationen und Austausch rechnen können. Kommunizieren Sie diese von Anfang an klar! So können Sie bereits zu Beginn des Schuljahres eine Liste mit allen Terminen für Klassenelternabenden, Einzelelternabenden und schriftlichen Elternmitteilungen ausgeben, die die Eltern schon einplanen können. Tipps für transparente Kommunikationsstrukturen:
|
Gemeinsame Ziele betonen | Vertrauen ist die Basis für gelungene Elternkommunikation. Um Vertrauen zu gewinnen, können Sie bereits zu Anfang Gemeinsamkeiten herauszustellen, denn Eltern und Lehrkräfte verfolgen schließlich ähnliche Ziele. Betonen Sie zu Beginn des Gesprächs den gemeinsamen Bezugspunkt: Das Wohl und die Entwicklung des Kindes. Über ein kurzes Brainstorming, das beispielsweise auf Moderationskarten festgehalten wird, können beide Seiten ihre Ziele festhalten und dem Gegenüber vorstellen.
Tipps zum Zielabgleich:
|
Entscheidungs-Wege transparent machen | Eltern möchten Ihre professionellen Entscheidungen als Lehrkraft nachvollziehen und darauf vertrauen können, dass sie angemessen sind. Machen Sie daher Begründungen und Entscheidungswege transparent. Dabei können beispielsweise Kommunikationsstrategien helfen. Bieten Sie den Eltern außerdem an, Rückfragen zu stellen. So schaffen Sie Vertrauen und beugen Missverständnissen vor. |
Kommunikations-Strategien nutzen | Vertrauensvolle Kommunikationssituationen zu schaffen, können Sie lernen. Hierfür können Sie Kommunikationsstrategien nutzen, die Sie in Ihrer Ausbildung eingeübt haben (Ich-Botschaften, aktives Zuhören). Auch in Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten an Ihrer Schule oder in Ihrem Bundesland können Sie Fertigkeiten erwerben, die Ihnen dabei helfen, Elterngespräche souverän zu führen.
Das sogenannte Eisbergmodell geht davon aus, dass Kommunikation nur zu 20 Prozent bewusst auf Sachebene stattfindet. 80 Prozent der Kommunikation ist dagegen von Gefühlen und Eindrücken bestimmt, die wir unbewusst wahrnehmen. Das können Sie sich zunutze machen, um eine angenehme Kommunikationsatmosphäre zu schaffen und eine Vertrauensebene mit den Eltern aufzubauen.
Die Sandwich-Methode eignet sich, um auch unangenehme Themen anzusprechen. Beginnen Sie stets mit positivem Feedback. Danach können Sie einen Aspekt ansprechen, bei dem noch Verbesserungspotenzial besteht. Kommen Sie anschließend wieder auf einen Punkt zurück, der besonders gut funktioniert. So können Sie Kritik in Lob einbetten und schaffen eine positive und vertrauensvolle Grundstimmung bei den Elterngesprächen.
Tipps für Kommunikationsstrategien:
|
Externes Fachpersonal hinzuziehen | Gestaltet sich die Kommunikation schwierig oder treten Konflikte auf, kann oftmals externes Fachpersonal helfen. Sie können beispielsweise Mediator*innen, Jugendpsycholog*innen als Vertrauenspersonen und Mittler*innen hinzuziehen. Sollten Sie das Gefühl haben, Unterstützung zu brauchen, dann suchen Sie das Gespräch mit der Schulleitung.
Tipps zu externen Unterstützungsangeboten:
|
Entscheidungen begründen | Ihre Glaubwürdigkeit hängt entscheidend davon ab, dass Sie Ihre Beweggründe gegenüber Eltern objektiv darlegen und gut kommunizieren. Beziehen Sie sich daher auf die optimale Entwicklung sowie das Schüler*innenwohl und erklären Sie Eltern, warum Ihre Entscheidungen für die Entwicklung und die Förderung ihres Kindes sinnvoll sind. So können sie vermeiden, dass Eltern Ihre Entscheidungen fälschlicherweise als willkürlich empfinden. |
Back-up holen | Manche Fälle können schwierig oder konfliktbehaftet sein. Schrecken Sie nicht davor zurück, sich Unterstützung zu holen. Sprechen Sie Fachbetreuer*innen Ihrer Schule oder die Schulleitung an! Sofern sich die betreffenden Eltern an eine höhere Instanz wenden wollen, stellen Sie so sicher, dass Sie innerhalb des Kollegiums an einem Strang ziehen.
|
Spielregeln festlegen | Haben Sie transparente, kontinuierliche und gesprächsoffene Kommunikationswege etabliert, können klare Spielregeln dabei helfen, um Eltern sowie Schüler*innen gleichermaßen einzubeziehen und nicht einzelne Eltern mehr betreuen als andere. Wenn Sie Ausnahmen machen, kommunizieren Sie klar Ihre Beweggründe. Sie können sich auch auf die Regeln der Schulordnung, Klassenregeln oder das Schulgesetz beziehen. Die festgelegten Spielregeln schaffen für Eltern Orientierung und festigen Ihre Glaubwürdigkeit. Tipps zum Festlegen von Regeln:
|
Fachkenntnis zeigen | Nutzen Sie Ihre pädagogisch-psychologische Ausbildung als Lehrkraft! Wenn Sie Entscheidungen begründen, können Sie auch fachliche Aspekte mit einfließen lassen, um den Eltern ihr Handeln verständlich zu machen. So festigen Sie Ihre Argumente und zeigen den Eltern, dass Sie auf objektiver, professioneller Basis und nicht willkürlich handeln.
|
Hierarchien vermeiden | Bauen Sie Hierarchien auch sichtbar ab, um Augenhöhen zwischen Ihnen und den Eltern herzustellen. Das können sie bereits bei der Vorbereitung des Raums, in dem sie die Eltern empfangen. Elterngespräche lassen sich beispielsweise mit einer Sitzordnung im Stuhlkreis oder an Gruppentischen auflockern. Bei Einzelgesprächen mit Eltern können Sie ein allzu konfrontatives Setting vermeiden, indem Sie übers Eck an einem gemeinsamen Tisch sitzen.
Tauschen Sie sich mit den Eltern aus, bevor Sie ihre eigene Perspektive präsentieren, und schaffen Sie Raum für Elternfragen (etwa zu Beginn oder am Ende von Elternabenden). Sie können Eltern auch explizit dazu aufzufordern, Ihre Meinung/Einschätzung/Wahrnehmung zu äußern. Indem Sie die Perspektive der Eltern mit einbeziehen, können Sie gemeinsam mit den Eltern eine Lösung erarbeiten anstatt den Eltern eine vorgefertigte Lösung zu präsentieren.
|
Räume für informellen Austausch schaffen | Räume für informellen Austausch tragen dazu bei, dass Eltern und Lehrkräfte sich auch als Menschen kennenlernen und einander auf Augenhöhe gegenübertreten. Gemeinsame Grillabende, Ausstellungen von Arbeiten der Schüler*innen im Klassenzimmer, Zusammentreffen vor und nach Klassenveranstaltungen wie etwa Aufführungen der Theatergruppe schaffen spontane Kommunikationssituationen in entspannter Atmosphäre als gleichberechtigte Gesprächspartner*innen. Tipps für informelle Räume:
|
Eltern mit ins Boot holen | Schaffen Sie Möglichkeiten, zu denen Eltern sich aktiv ins Klassengeschehen einbringen können. Hierfür lohnt es sich, Eltern nach Unterstützung zu fragen, etwa bei der Klassenzimmergestaltung, beim Schulausflug, bei Klassenfesten oder bei der Bühnengestaltung für das Klassentheaterspiel. Möglicherweise können Eltern sich zu Beginn des Schuljahres oder im Rahmen der Berufsorientierung in der Klasse vorstellen und von Ihren eigenen Fähigkeiten und Tätigkeiten berichten. So können Sie Eltern auch konkret, je nach Unterstützungsbedarf, ansprechen.
|
Erst Schüler*innen kennenlernen | Gemeinsamer Bezugspunkt jeglicher Elternarbeit ist stets die bzw. der*die einzelne Schüler*in. Lernen Sie also zunächst die Schüler*innen kennen, um einen unvoreingenommenen Blick auf sie zu gewinnen. Hierfür bieten sich zum Beispiel Kennenlerntage zu Schuljahresbeginn an. Das Kennenlernen der Eltern kann dann danach erfolgen. So behalten Sie einen objektiven Blick auf Ihre Schüler*innen und vermeiden, dass der Eindruck, den Sie von den Eltern haben, Ihren Blick auf den*die Schüler*in beeinflusst.
|
Mit Schüler*innen und Eltern gemeinsam sprechen | Beziehen Sie auch die Schüler*innen mit ein. Gerade bei älteren Schüler*innen und bei größeren Entscheidungen ist die Schüler*innen-Perspektive wichtig. Wenn Sie auch Gespräche ermöglichen, bei denen sowohl Eltern als auch Schüler*innen anwesend sind, würdigen sie damit die Sicht der Schüler*innen, machen Entscheidungen von Lehrkraft und Eltern transparenter und ebnen den Weg für eine gute Umsetzung. Tipps für gemeinsame Gespräche:
|
Kommunikationsanlässe transparent machen | Vermeiden Sie Missverständnisse, Fehlinformationen und Kommunikationshindernisse, indem Sie auch gegenüber Schüler*innen Kommunikationsanlässe, -inhalte und -ergebnisse (Ort, Zeit und Themen der Elternabende) transparent machen. Immerhin sind die Schüler*innen, deren Leistungen oder Verhalten meist Gegenstand der Gespräche. So schaffen Sie einen offenen Kommunikationsraum. Tipps zu transparenten Kommunikationswegen:
|
Mehr praktische Infos
Graphic Recording
Einen schnellen Überlick bekommen? Das Graphic Recording unseres Vortrags beim BASF-Fachtag 2022 fasst das wichtigste zum Thema auf einen Blick zusammen. Graphic Recording als PDF herunterladen.
Artikel zum Weiterlesen
Mehr zum Thema Elternbeteiligung im schulischen Kontext
Ausführlichere Informationen inklusive Beispielen, welche Rolle die Elternbeteiligung für die Leistungen der Schüler*innen spielt, finden Sie in unserem speziell auf die schulische Praxis ausgerichteten Themenheft.