Wie man Mädchen für MINT-Fächer begeistern kann. Und Jungen auch.
Praxistipps
Geschlechterunterschiede im Unterricht abbauen
Geschlechterstereotype sind im Bildungsbereich allgegenwärtig, aber sie lassen sich abbauen. Lehrkräfte können zum Beispiel Mädchen für MINT-Fächer begeistern und Motivation und Interesse gezielt fördern. Rollenklischees lassen sich aufbrechen – besonders wenn Bildungseinrichtungen früh ansetzen. Wir geben Impulse für den Unterricht.
Fächerübergreifend fördern
(angelehnt an Zhao et al., 2018)
Klassifizierung: direkte und geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 45 Minuten
Zielgruppe: Mittelstufe
Die Schüler*innen heften sich gegenseitig Kartone an den Rücken. Darauf schreiben sie Stärken und Vorzüge, die sie ihren jeweiligen Mitschüler*innen zuschreiben. Während des Schreibens sind die Schüler*innen still. Die Lehrkraft kann die Klasse zusätzlich dazu ermuntern, ihren Mitschüler*innen all ihre postitiven Gedanken auf den Rücken zu schreiben. Wenn die Klasse fertig ist, nehmen alle Schüler*innen die Kartone von ihrem Rücken und lesen sich die Stärken durch, die ihre Mitschüler*innen ihnen zuschreiben. So machen sie sich ihre eigenen Vorzüge bewusst und können ihre Stärken weiter ausbauen..
(angelehnt an Zhao et al., 2018)
Klassifizierung: direkte und geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: täglich 5 Minuten als Hausaufgabe
Zielgruppe: Mittelstufe
Die Lehrkraft gibt den Schüler*innen als Hausaufgabe, am Ende jedes Tages eine eigene Verhaltensweise aufzuschreiben, die Lob verdient. So machen sich die Schüler*innen ihre Stärken und positiven Leistungen bewusst. Mit etwas zeitlichem Abstand (z. B. zwei Wochen) können die Schüler*innen ihre Erfahrungen mit der Aufgabe in der Klasse diskutieren.
Geschlechterstereotype in MINT-Fächern reduzieren
(angelehnt an Zhao et al., 2018)
Klassifizierung: direkte und geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 20 Minuten
Zielgruppe: Mittelstufe
Die Lehrkraft konfrontiert die Klasse mit einem Rollenspiel:
Max geht in die 8. Klasse. Sein Lehrer meint, dass Jungen besser in Mathematik sind als Mädchen. Max glaubt deshalb stark an seine Fähigkeit. Ganz anders Sarah. Sie ist ängstlich in Mathematik, weil sie meint, dass sie als Mädchen in diesem Fach nicht gut sein kann. Beide sind aber gleich gut in Mathematik.
Die Schüler*innen denken nun in Kleingruppen darüber nach, wie sich Max und Sarah fühlen, wenn sie eine Schulaufgabe herausbekommen. Das Ergebnis der Diskussion sollte sein, dass Leistungen von unterschiedlichen Faktoren abhängen. Im Anschluss an die Gruppenarbeit können Lehrkraft und Schüler*innen die Ergebnisse im Plenum zusammentragen und analysieren.
(angelehnt an Zhao et al., 2018)
Klassifizierung: direkte und geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 45 Minuten
Zielgruppe: Mittelstufe (nur Mädchen)
Die Lehrkraft bittet die Schülerinnen sich eine weibliche Wissenschaftlerin vorzustellen. Anschließend sollen sie ihre Vorstellungen malen oder eine Geschichte hierzu schreiben. So lernen die Schülerinnen, sich als Wissenschaftlerinnen zu fühlen. Wer möchte, kann seine Vorstellungen der Klasse im Plenum dann vorstellen.
(angelehnt an Zhao et al., 2018)
Klassifizierung: direkte und geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 30 Minuten
Zielgruppe: Mittelstufe
Die Schüler*innen sollen in einer Minute so viele Wissenschaftler*innen wie möglich notieren. Im Anschluss tragen Lehrkraft und Schüler*innen die Namen zusammen und analysieren, ob Frauen und Männer in gleicher Weise genannt wurden. Die Klasse diskutiert, warum ggf. nur so wenige Frauen genannt wurden. Anschließend recherchieren die Schüler*innen Informationen zur Forschung der genannten und weiteren Wissenschaftlerinnen.
Gezielt fachgebunden Motivation und Interesse fördern
(angelehnt an Abed, 2016)
Klassifizierung: indirekte und nicht geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 10 Minuten
Zielgruppe: Chemie im 1. Lernjahr, Unterrichtseinheit: Aggregatszustände von Wasser
Die Schüler*innen sollen Wassermoleküle spielen. Ihre Arme symbolisieren hierbei die Bindungen, ihr Kopf das Sauerstoff-Atom und ihre beiden Hände die Wasserstoff-Atome. Die Klasse bewegt sich frei im Raum. Zunächst nennt die Lehrkraft den Aggregatszustand flüssig. Die Schüler*innen bewegen sich mäßig schnell im Raum. Je nach Nennung der beiden anderen Aggregatszustände, werden sie schneller (gasförmig) oder langsamer (fest). So lernen die Schüler*innen die Bedeutung der Aggregatszustände auf Teilchenebene.
(angelehnt an Shin et al., 2019)
Klassifizierung: direkt und nicht geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 20 Minuten
Zielgruppe: Mittel- und Oberstufe
Im Vorfeld bittet die Lehrkraft einige Bekannte, die in naturwissenschaftlichen Arbeitsfeldern tätig sind, in kurzen Statements zu notieren, welches Schulwissen (Themengebiete einzelner Fächer) aus den Naturwissenschaften sie bei ihrer täglichen Arbeit benötigen und für was. Diese kurzen Statements verteilt die Lehrkraft an die Klasse. Die Schüler*innen sollen auf Postkarten an imaginäre 4. Klässler*innen zunächst kurz das Themengebiet beschreiben und anschließend ergänzen, wofür dieses Wissen benutzt wird. So erkenne sie die Bedeutung eines Wissensgebiets.
(angelehnt an Hulleman & Harakiewicz, 2009)
Klassifizierung: direkt und nicht geschlechtsspezifische Förderung
Zeitbedarf: 10 Minuten
Zielgruppe: Mittel- und Oberstufe
Am Ende jeder Unterrichtseinheit sollen die Schüler*innen in ein Lerntagebuch notieren, wofür das gelernte Wissen in ihrem späteren Leben nützlich sein könnte. Hierzu zählen Berufe aber auch Alltagsprobleme, die damit lösbar sind. Die Schüler*innen realisieren, dass das erworbene Wissen vielfältige Anwendungsfelder hat und schätzen die persönliche Bedeutung des Wissens höher ein.
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Ausführlichere Informationen inklusive Beispielen, welche Rolle Geschlechterunterschiede hinsichtlich Motivation und Interesse im Unterricht spielen und wie alle Schüler*innen in allen Fächern Ihr Potenzial ausschöpfen können, finden Sie in unserem speziell auf die schulische Praxis ausgerichteten Themenheft.